LinkedIn soll ein Bussgeld von 310 Millionen Euro bezahlen
Es ist ja so: LinkedIn, das ist das Onlinenetzwerk, in dem jeder Soloselbstständige zum CEO wird und weise Sprüche uns mal zu mehr Produktivität und mal zu weniger Produktivität inspirieren sollen – kurz: LinkedIn ist so ziemlich das langweiligste soziale Netzwerk, das man sich vorstellen kann. Es kommt ohne Freizeitspaß und quasi ohne Humor aus, weil Arbeit etwas Ernstzunehmendes ist und der statusorientierten Selbstdarstellung dienen muss. Auf LinkedIn gibt es nichts zu lachen und wir geben unter Umständen Dinge von uns preis, die wir sonst eher für uns behalten: Wir zeigen, wer wir gerne wären. Fake it till you make it. Wir werden zu einer Art Musterschüler, der für wichtige Werte einsteht und dadurch ernstgenommen werden muss.
Nun hat die Microsoft-Tochter LinkedIn sechs Jahre nach der Beschwerde der französischen Digitalbürgerrechtsorganisation „La Quadrature du Net“ ein üppiges Bußgeld aufgebrummt bekommen: 310 Millionen Euro soll das Unternehmen an die irische Data Protection Commission (DPC) bezahlen, weil es von seinen Nutzerinnen und Nutzern die Einwilligung zur Verarbeitung persönlicher Daten zu Werbezwecken unrechtmäßig eingeholt haben soll. Zudem soll eine Auswertung des Nutzerverhaltens nicht nur auf LinkedIn selbst, sondern auch durch die Sammlung und Verarbeitung von Daten aus Drittquellen stattgefunden haben. Eine gesetzeskonforme Begründung für dieses Verhalten bleibt LinkedIn schuldig. Stattdessen konstatiert eine Sprecherin des Unternehmens: „Wir sind der Meinung, dass wir die Datenschutzgrundverordnung eingehalten haben, arbeiten aber daran, dass unsere Werbepraktiken bis zum Ablauf der von der DPC gesetzten Frist diesem Beschluss entsprechen.“ Es ist nicht das erste Mal, dass LinkedIn durch Datenschutzverstöße auf sich aufmerksam macht. Erst zu Beginn des Jahres legten die Bürgerrechtsorganisationen European Digital Rights (EDRi), die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Global Witness und Bits of Freedom eine Beschwerde wegen eines potenziellen Verstoßes gegen den Digital Services Act (DSA) bei der EU-Kommission ein: wegen gezielter Online-Werbung auf Basis von Profiling unter Einbeziehung besonders sensibler personenbezogener Daten (in diesem Fall über Sexualität und politische Meinung).
Einen Aspekt sollten wir bei LinkedIn aber ohnehin immer im Auge behalten: Kein anderes soziales Netzwerk lässt ähnlich zuverlässige Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse zu. Und das sind ausgesprochen interessante Daten. Bei Facebook kann jeder der König von Samoa sein und es ist lustig – aber auf LinkedIn wird es schnell peinlich, wenn falsche Angaben gemacht werden.
Datenschutzkolumne
“So viele Buchstaben und sooo viel mehr, was damit ausgedrückt werden kann.“