Die Konferenz der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden (DSK) beschäftigte sich kürzlich wieder mit der Thematik „Verarbeitung von Positivdaten von Privatpersonen aus Verträgen über Mobilfunkdienste und Dauerhandelskonten durch Auskunfteien“ Bereits 2018 wurde zu diesem Thema eine Stellungnahme der DSK veröffentlicht. Die Inhalte und Aussagen bleiben auch 2021 bestehen:
- die Übermittlung und Verarbeitung von sog. Positivdaten an bzw. durch Handels- und Wirtschaftsauskunfteien grundsätzlich nicht auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DS-GVO gestützt werden kann und
- es für eine Übermittlung und Verarbeitung von sog. Positivdaten regelmäßig einer wirksamen Einwilligung der betroffenen Person unter Beachtung der hohen Anforderungen an die Freiwilligkeit bedarf.
BEGRÜNDUNG DER DSK
Die DSK hat mit Beschluss vom 11. Juni 2018 festgestellt, dass Handels- und Wirtschaftsauskunfteien sog. Positivdaten zu Privatpersonen grundsätzlich nicht auf Grundlage des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DS-GVO erheben können. Dabei sind Positivdaten Informationen, die keine negativen Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern zum Beispiel die Informationen über die Tatsache, dass ein Vertrag abgeschlossen wurde. Bei solchen Positivdaten überwiegt regelmäßig das schutzwürdige Interesse der betroffenen Personen, selbst über die Verwendung ihrer Daten zu bestimmen. Werden die Daten von einem Verantwortlichen an eine Auskunftei übermittelt, ist insoweit bereits die Übermittlung dieser Daten nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DS-GVO regelmäßig unzulässig. Ebenso unzulässig ist die Verarbeitung dieser Daten durch die Auskunftei.
Die DSK hatte nun zu überprüfen, ob für die verbreitete Praxis der Übermittlung und Verarbeitung von Positivdaten zu Verträgen über Mobilfunkdienste und Dauerhandelskonten von Privatpersonen eine andere Bewertung erforderlich ist. Diese Praxis betrifft längerfristige Verträge, die durch Vorausleistungsverpflichtungen oder Finanzierungs- bzw. Stundungselemente als kreditorische Risiken betrachtet werden, aber keine Vertragsstörungen aufweisen. Sie werden bei der Bildung von Scorewerten der betroffenen Personen, die Handel oder Kreditwirtschaft zur Bonitätsprüfung heranziehen, regelmäßig neben einer Vielzahl weiterer Sachverhalte einbezogen.
BETROFFENE UNTERNEHMEN KONNTEN BIS JANUAR 2021 STELLUNGNAHMEN ABGEBEN
Im Rahmen dieser Überprüfung hatten Unternehmen und Verbände bis zum 31. August 2021 Gelegenheit, Stellungnahmen zu den aufgeworfenen Rechtsfragen abzugeben. Nach sorgfältiger Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen kommt die
DSK zu dem Ergebnis, dass für die Übermittlung der Positivdaten durch die Mobilfunkdiensteanbieter und die Handelsunternehmen zwar berechtigte Interessen bestehen, die Qualität der Bonitätsbewertungen zu verbessern und die beteiligten Wirtschaftsakteure vor kreditorischen Risiken zu schützen. Besondere Umstände, die – wie bei Kreditinstituten insbesondere auf Grund ihrer spezifischen Verpflichtungen nach dem Kreditwesengesetz – entsprechend dem Beschluss der DSK vom 11.06.2018 regelmäßig ein die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegendes Interesse der Verantwortlichen oder Dritter an der Verarbeitung bestimmter Positivdaten vermitteln würden, konnte die DSK im Rahmen ihrer Überprüfung jedoch nicht feststellen. Eine von der oben genannten Grundregel abweichende Bewertung ist daher nicht begründbar: Auch bei Positivdaten zu Verträgen über Mobilfunkdienste und Dauerhandelskonten kommt den Interessen, Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person, selbst darüber zu bestimmen, ob sie die sie betreffenden Positivdaten für eine Übermittlung durch Mobilfunkdienstleister
und Handelsunternehmen und eine Verarbeitung durch Auskunfteien zur Bonitätsbewertung preisgeben will, entscheidende Bedeutung zu. Hierbei fällt besonders ins Gewicht, dass ansonsten unterschiedslos große Datenmengen über übliche Alltagsvorgänge im Wirtschaftsleben erhoben und verarbeitet würden, ohne dass die betroffenen Personen hierzu Anlass gegeben haben. Deshalb können weder Verantwortliche noch Dritte ein überwiegendes Interesse an diesen Verarbeitungen geltend machen.
Eine gegen den Willen der betroffenen Person stattfindende Datenverarbeitung von Positivdaten über Mobilfunkdienstverträge und Dauerhandelskonten durch Vertragspartner und Auskunfteien ist daher unbeschadet anderweitiger Anforderungen nicht nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DS-GVO gerechtfertigt. Ihre datenschutzkonforme
Übermittlung und Verarbeitung ist nur auf der Grundlage einer Einwilligung der betroffenen Person zulässig, für die die allgemeinen Anforderungen gewahrt werden müssen. Insbesondere darf die Erteilung der Einwilligung in die Speicherung des Positivdatums nicht zur Bedingung des betroffenen Vertragsabschlusses gemacht werden.