Wer zu Werbezwecken ein Online-Gewinnspiel ausrichtet und dessen Teilnahme mit einer Einwilligung des Kunden in den Erhalt elektronischer Werbung verknüpft, hat zunächst § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG zu beachten, wonach eine entsprechende Einwilligungsklausel ausdrücklich und mittels einer gesonderten Erklärung zu erfolgen hat. Dies wird in der Entscheidung des LG Hamburg (siehe unten) deutlich. Doch wie sieht es grundsätzlich mit der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit eines Koppelungsangebots, also u.a. der Frage nach der Freiwilligkeit der Einwilligung, aus? Diese Frage klärt unser heutiger Gastbeitrag der IT Recht Kanzlei München.
SACHVERHALT
Im konkreten Fall (LG Hamburg, Urteil vom 10.08.2010, Az. 312 O 25/10) präsentierte das beklagte Verlagshaus auf seiner Homepage ein Gewinnspiel, dessen kostenlose Teilnahme eine Zustimmung zur Telefon- und Email-Werbung voraussetzte (sog. Koppelungsangebot). Die Gewinnspielteilnahme war so ausgestaltet, dass der Verbraucher neben der Angabe persönlicher Daten die Teilnahmebedingungen und einen Hinweis zur Datennutzung (mit einem Häkchen) akzeptieren musste. Der Umstand, dass dieser Hinweis eine Zustimmung des Teilnehmers in die Verwendung seiner Telefonnummer und Email-Adresse für Werbungszwecke von Partnerunternehmen enthielt, erfuhr der Teilnehmer nur, wenn er dem entsprechenden Link zur Datennutzung folgte. Eine separate Einwilligung in die Datennutzung existierte hingegen nicht.
Hiergegen richtete sich der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen, der in diesem Gewinnspielangebot eine Verletzung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften erblickte. Aus seiner Sicht fehlte es an einer freiwilligen Einwilligung in die Datennutzung, da die angesprochenen Verbraucher aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne in erhöhtem Ausmaß zur Preisgabe ihrer Daten verleitet würden. Insbesondere rügte der Bundesverband aber einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), da keine gesonderte Einwilligungserklärung des Gewinnspielteilnehmers in die Werbung per Telefon und Email erfolgte, stattdessen aber eine zwangsläufige Koppelung zwischen Gewinnspielteilnahme und Einwilligung in die Werbung bestünde. Das beklagte Verlagshaus verlangte hingegen die Abweisung der Klage mit dem Argument, dass den Gewinnspielteilnehmern ein „echtes, offen angebotenes Austauschverhältnis zwischen Erlangung der Teilnahme an einem (…) Preisausschreiben und der Preisgabe von Privatsphäre zugunsten von Telefon- und E-Mail-Werbung“ angeboten werde und eine solche Form des Erkaufens von Werbe-Einwilligungen zulässig sei.
ENTSCHEIDUNG DES LG HAMBURG
In seiner Entscheidung gab das LG dem klagenden Bundesverband Recht und sah in der vorliegenden Koppelung zwischen Gewinnspielteilnahme und Werbe-Einwilligung einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, da es an der nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG erforderlichen, nur auf die Zusendung von Werbung bezogenen, Einwilligungserklärung fehle.
DAS „PAYBACK“-URTEIL DES BGH
In seiner Entscheidung schloss sich das LG Hamburg einem Urteil des Bundesgerichtshofs an (sog. „Payback“ – Urteil des BGH vom 16.07.2008, Az. VIII ZR 348/06), das wichtige und – aus der Sicht der Hamburger Richter – abstrakte und allgemein gültige Leitlinien für die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an eine Einwilligungsklausel enthält:
„Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 Var. 3 UWG stellt Werbung unter Verwendung elektronischer Post, insb. E-Mail und SMS, eine unzumutbare Belästigung dar, sofern keine Einwilligung des Adressaten vorliegt. Einwilligungsklauseln, die so gestaltet sind, dass der Kunde tätig werden und ein Kästchen ankreuzen muss, wenn er seine Einwilligung in die Zusendung von Werbung unter Verwendung von elektronischer Post nicht erteilen will („Opt-out”-Erklärung), sind von dieser Vorschrift nicht gedeckt. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG verlangt vielmehr, dass die Einwilligung mittels einer gesonderten Erklärung erteilt wird („Opt-in”-Erklärung). Zwar sieht der Wortlaut dieser Bestimmung nicht ausdrücklich vor, dass für die Erteilung der Einwilligung eine gesonderte Erklärung erforderlich ist. Dieses Erfordernis ergibt sich aber aus der richtlinienkonformen Auslegung des hierin verwendeten Einwilligungsbegriffs anhand der RL 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.7.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation. (…)
Dem werden AGB nicht gerecht, wenn die Einwilligung in Textpassagen enthalten ist, die auch andere Erklärungen oder Hinweise enthalten. Es fehlt bei derart vorformulierten Erklärungen an der geforderten spezifischen Einwilligungserklärung, wenn der Kunde weder ein bestimmtes Kästchen anzukreuzen hat noch sonst eine vergleichbar eindeutige Erklärung seiner Zustimmung abzugeben braucht. Eine solche Erklärung liegt insb. nicht allein schon in der Unterschrift, mit der der Kunde das (…) Vertragsangebot annimmt. Die geforderte spezifische Angabe verlangt vielmehr eine gesonderte Erklärung durch zusätzliche Unterschrift oder individuelles Markieren eines entsprechenden Feldes („Opt-in”-Erklärung).“
Diese Leitlinien legte das LG Hamburg seiner Entscheidung zugrunde und urteilte, dass es im vorliegenden Fall an einer ausschließlich auf die Datenfreigabe bezogenen Einwilligungserklärung fehle. Denn das Ankreuzen der Teilnahmebedingungen und des Datennutzungshinweises durch den Gewinnspielteilnehmer zeigten, dass die geforderte separate Einwilligung in die Datenfreigabe gerade nicht vorläge. Dementsprechend stehe dem klagenden Bundesverband ein Unterlassungsanspruch gegen das Verlagshaus gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG i.V.m. § 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG zu.
NUR DIE HALBE WAHRHEIT
Das LG verneinte die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Koppelungsangebots im vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt, dass eine gesonderte Einwilligungserklärung in die Datenfreigabe fehlte. Für den Fall, dass eine gesonderte Einwilligungserklärung in den Erhalt von Werbung vorliegt, trifft das Urteil allerdings keine Aussage.
Die eigentlich interessante Frage, ob und inwieweit ein grundsätzliches Koppelungsverbot zwischen Gewinnspielteilnahme und Einwilligung in elektronische Werbung besteht, wird vom LG mangels Entscheidungserheblichkeit gar nicht weiter behandelt. Insbesondere lässt es die Frage offen, ob die im Rahmen eines Koppelungsangebots abgegebene Einwilligung freiwillig erfolgte oder durch die Gewinnaussicht in unzulässiger Weise beeinflusst wurde.
Eine endgültige Antwort auf diese Frage liegt im Moment noch nicht vor, da sich der BGH zu diesem Problem bisher nicht geäußert hat. Zwei OLG Urteile (OLG Köln, vom 12.9.2007, Az. 6 U 63/07; OLG Hamm, vom 15.11. 2007, Az. 4 U 23/07 ) legen aber den Schluss nahe, dass eine Koppelung zwischen Gewinnspielteilnahme und Werbe-Einwilligung wettbewerbsrechtlich unzulässig ist. Denn zum einen verknüpfe ein solches Koppelungsangebot zwei Leistungen, die nichts miteinander zu tun haben; zum anderen werde die Entschlussfreiheit des Adressaten aufgrund der Gewinnaussicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt (vgl. hierzu den Aufsatz „Direktmarketing nach der BDSG-Novelle“ von Plath/Frey, Betriebs-Berater 2009, S. 1767).
Eine abweichende Beurteilung der Situation ergibt sich auch nicht durch die Regelung in § 28 Abs. 3b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), welches im Gegensatz zum UWG nicht die wettbewerbsrechtlichen, sondern die datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine wirksame Einwilligung in Werbung festsetzt. Zwar lässt § 28 Abs. 3b BDSG erkennen, dass eine Koppelung von Gewinnspielteilnahme und Werbe-Einwilligung aus datenschutzrechtlichem Gesichtspunkt eingeschränkt möglich ist, wenn dem Adressaten/Kunden ein anderer Zugang zu einer gleichwertigen vertraglichen Leistung ohne die Einwilligung offensteht (vgl. hierzu den Aufsatz „Direktmarketing nach der BDSG-Novelle“ von Plath/Frey, Betriebs-Berater 2009, S. 1767). Das BDSG betrifft aber nur die datenschutzrechtliche Wirksamkeit eines Koppelungsangebots und sagt nichts über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit nach dem UWG aus (zumal der BGH in seiner „Payback“-Entscheidung deutlich zwischen der datenschutzrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Wirksamkeit einer Werbe-Einwilligung zu differenzieren scheint, vgl. BGH – NJW 2008, S. 3057).
In diesem Sinne sollte genau zwischen der wettbewerbsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Beurteilung unterschieden werden und im Einklang mit der bislang erfolgten Rechtsprechung des OLG Hamm und des OLG Köln bis auf Weiteres von einem Koppelungsverbot im Wettbewerbsrecht ausgegangen werden.
FAZIT
Die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit eines Koppelungsangebots zwischen Gewinnspielteilnahme und Einwilligung in elektronische Werbung ist bisher nicht vollkommen geklärt (im Moment ist im Wettbewerbsrecht von einem Koppelungsverbot auszugehen). Auch das vorliegende Urteil des LG Hamburg enthält sich einer klärenden Antwort auf diese Frage. Stattdessen verneint es die Zulässigkeit eines Koppelungsangebots bereits aus dem Gesichtspunkt, dass die Werbe-Einwilligung im konkreten Fall nicht – wie von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG gefordert – gesondert erklärt wurde (sog. „Opt-in”-Erklärung, siehe oben).