Die „Gedankenpolizei“ aus dem dystopischen Roman 1984 ist das staatliche Überwachungsinstrument das allein schon den Gedanken oder den Wunsch einer Straftat als strafbar verfolgt. Was bei George Orwell düstere Fiktion ist, wirft aber in der Tat die Frage auf, wie weit eine Institution wie das Bundeskriminalamt gehen darf um Terror abzuwehren. Mit eben dieser Frage zum Datenschutz beschäftigt sich jetzt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
PRÜFUNG DES BKAG
Das umstrittene Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG) ist seit sechs Jahren in Kraft. Das Bundesverfassungsgericht prüft jetzt ob das Gesetz zur Abwehr des Terrorismus überhaupt verfassungskonform ist. Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof äußerte sich hierztu: „Letztlich geht es um die Wahrung der grundrechtlichen Balance zwischen der Aufgabe des Staates zur Abwehr terroristischer Gefahren und dem Bedürfnis des Bürgers nach Schutz seiner persönlichen Daten.“
INHALTE DES BKAG
Durch das BKAG werden der Bundespolizei Online-Durchsuchungen von Computern, sowohl optische als auch akustische Überwachung von Wohnungen, Rasterfahndung oder auch der Einsatz von verdeckten Ermittlern erlaubt. Es dürfen Mails gelesen, Handys abgehört und z. B. auch Bewegungsprofile erstellt werden. Diese Daten dürfen darüber hinaus ins außereuropäische Ausland weiter geleitet werden. Selbst Anwälte sind nicht dagegen geschützt – einzige Ausnahme: Strafverteidiger. Das BKA hat aktuell eine relativ freie Hand, um Terror schon in Gefahrennähe abzuwehren. Das bedeutet: nicht erst bei konkreten Vorbereitungshandlungen.
WIRD DEUTSCHLAND ZUM ÜBERWACHUNGSSTAAT?
Verfassungsbeschwerde hatten die Alt-Liberalen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch ebenso wie die Grünen eingelegt. Ganz anders sieht das Bundesinnenminister de Maizière (CDU), der das von Wolfgang Schäuble initiierte Gesetz verteidigt. Seiner Auffassung nach hat das BKA nur die Möglichkeiten erhalten, welche die Länderpolizeibehörden bereits haben. Da sich die terroristische Bedrohungslage in den letzten Jahren deutlich verschärft und die Zahl radikalisierter Islamisten sich in fünf Jahren fast verdreifacht hat, seien die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung sowohl notwendig als auch verhältnismäßig. Den Vorwurf, Deutschland mutiere zum Überwachungsstaat, wies er scharf zurück. In den vergangenen sechs Jahren habe das BKA in gerade ein mal 15 Fällen von dem Gesetz Gebrauch gemacht. 80 Personen seien betroffen gewesen, obwohl es ungefähr 1500 Hinweise gegeben hatte. In Deutschland seien bisher zwölf Terroranschläge vereitelt worden, was auch dem BKA-Gesetz zu verdanken sei.
Das Urteil des Ersten Senats zu diesem Fall wird erst nach der Sommerpause erwartet.