Die Deutschen Aufsichtsbehörden befassen sich zurzeit intensiv mit den neuen Rechtsgrundlagen und deren Anforderungen und stimmen eine einheitliche Sichtweise ab. Erste Ergebnisse dieses Prozesses sind gemeinsame Kurzpapiere zur DS-GVO, die die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) ab sofort veröffentlicht. Das erste Kurzpapier widmet sich dabei den Verzeichnissen von Verarbeitungstätigkeiten und dem Art. 30 DSGVO. Hier einige der wichtigsten Punkte.
BEFREIUNG VON DER PFLICHT
Unternehmen und Einrichtungen mit weniger als 250 Mitarbeitern müssen kein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten führen, es sei denn, der Verantwortliche bzw. Auftragsverarbeiter führt Verarbeitungen personenbezogener Daten durch,
- die ein Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen bergen (dazu ge- hören regelmäßig Fälle von Scoring und Überwachungsmaßnahmen) oder
- die nicht nur gelegentlich erfolgen (z.B. die regelmäßige Verarbeitung von Kunden- oder Beschäftigtendaten) oder
- die besondere Datenkategorien gemäß Art. 9 Abs. 1 DS-GVO (Religionsdaten, Gesundheits- daten, usw.) oder strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten im Sinne des Art. 10 DS- GVO betreffen.
Die Pflicht zur Führung eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten besteht also bereits dann, wenn mindestens eine der genannten Fallgruppen erfüllt ist. Da es anders als in Art. 35 DS-GVO (Datenschutz-Folgenabschätzung) nicht darauf ankommt, dass es sich voraussichtlich um ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen handelt, sondern jedes Risiko für die Rechte und Freiheiten bezüglich der Verarbeitung zu betrachten ist, wird vielfach das Erstellen eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten geboten sein.
WEGFALL DES ÖVV
Anders als im bisherigen BDSG ist eine Möglichkeit für jedermann, in das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten Einsicht zu nehmen, nach der DS- GVO nicht vorgesehen. Ebenso entfallen mit der DS- GVO die bisher in § 4d und § 4e BDSG geregelten Meldepflichten von manchen Unternehmen an die Aufsichtsbehörde. Erstellt und vorgehalten werden müssen die Verzeichnisse dennoch, da sie den Aufsichtsbehörden jederzeit auf Anfrage zur Verfügung zu stellen sind (siehe Art. 30 Abs. 4 DS-GVO und ErwGr. 82).
INHALTE FÜR VERANTWORTLICHE
Das Verzeichnis der Verantwortlichen muss nach Art. 30 Abs. 1 DS-GVO wesentliche Angaben zur Verarbeitung beinhalten wie z. B. die Zwecke der Verarbeitung und eine Beschreibung der Kategorien der personenbezogenen Daten, der betroffenen Personen und der Empfänger. Verantwortliche Stellen, die bereits jetzt über ein strukturiertes Verfahrensverzeichnis oder eine strukturierte Datenschutzdokumentation zu den Verfahren verfügen, sollten mit den geforderten Pflichtangaben des neuen Artikels aus der DS-GVO keine Probleme haben.
INHALTE FÜR AUFTRAGSVERARBEITER
Ein Verzeichnis beim Auftragsverarbeiter zu allen Kategorien der von ihm im Auftrag eines Verantwortlichen durchgeführten Tätigkeiten der Verarbeitung war vom BDSG bislang nicht vor- geschrieben. Nach Art. 30 Abs. 2 DS-GVO ist ein solches Verzeichnis jedoch künftig zu erstellen.
Auch hier sind die Pflichtangaben überschaubar, so dass der Aufwand, dieses Verzeichnis zu erstellen, als eher gering einzustufen sein wird.
BESCHREIBUNG DER TOM
Art. 30 Abs. 1 lit. g und Art. 30 Abs. 2 lit. d DS-GVO geben vor, dass das Verzeichnis, wenn möglich, eine allgemeine Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnahmen gemäß Artikel 32 Absatz 1 DS-GVO enthalten soll. Wie detailliert diese Beschreibung sein muss, lässt sich der DS-GVO nicht unmittelbar entnehmen. Jedenfalls sollte die Beschreibung der Maßnahmen nach Art. 32 DS-GVO so konkret erfolgen, dass die Aufsichtsbehörden eine erste Rechtmäßigkeitsüberprüfung vornehmen können.
MUSTERVORLAGE KOMMT
Das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten nach der DS-GVO wird wie die bisherigen internen Verfahrensverzeichnisse eine wesentliche Rolle spielen, um datenschutzrechtliche Vorgaben überhaupt einhalten zu können. Nur wer die eigenen Verarbeitungsprozesse kennt, kann gezielt Maßnahmen ergreifen, um eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten sicherstellen zu können.
Die deutschen Aufsichtsbehörden werden im Jahr 2017 eine Muster-Vorlage sowie weitere Hinweise für ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten nach Art. 30 DS-GVO bereitstellen.
EMPFEHLUNGEN DER DSK
Es ist ratsam, rechtzeitig im eigenen Interesse ein vollständiges Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten zu erstellen. Das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten dient als wesentliche Grundlage für eine strukturierte Datenschutzdokumentation und hilft dem Verantwortlichen dabei, gemäß Art. 5 Abs. 2 DS-GVO nachzuweisen, dass die Vorgaben aus der DS-GVO eingehalten werden (Rechenschaftspflicht). Die Übergangszeit bis zur Geltung der DS-GVO am 25.05.2018 sollte dazu genutzt werden, die bereits bestehende Verfahrensdokumentation an die neu- en Anforderungen anzupassen.