Sie ist kostengünstig und verspricht jede Menge Umsatz: die Werbung per E-Mail. Doch rechtlich ist längst nicht alles erlaubt, was Unternehmen nutzen, um ihren Verkauf zu steigern. Auch das Werben in automatischen Eingangsbestätigungs-E-Mails (Auto-Reply) und Double-Opt-In-Mails birgt jede Menge Risiken und ist mit Vorsicht zu genießen. Rechtsanwalt Jan Lennart Müller von der IT-Recht Kanzlei München erklärt im heutigen Gastbeitrag worauf Sie achten müssen.
WAS IST WERBUNG?
Zunächst stellt sich die Frage, ab wann ein Online-Händler beim Versand von E-Mails von Werbung ausgehen muss. Die Gretchen Frage ist daher, was stellt Werbung im rechtlichen Sinne dar?
Antwort: Jede Äußerung, die dazu dient, den Absatz von Produkten und Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar zu fördern, fällt unter den Begriff „Werbung“. Somit ist fast alles, was ein Unternehmen nach außen kommuniziert als Werbung einzustufen, sofern es sich nicht um die bloße (werbefreie) Beantwortung von Kundenfragen oder die Bestätigung von Bestellungen handelt.
Im Zweifel ist davon auszugehen, dass Werbung vorliegt, wenn der Inhalt einer E-Mail zumindest auch geeignet ist, den Absatz des Online-Händlers zu fördern, da im Sinne eines effektiven Schutzes vor Spam der Begriff der Werbung weit auszulegen ist. Damit unterliegt ein Großteil der Kommunikation des Online-Händlers dem Werbebegriff, da zumindest ein mittelbares Fördern des eigenen Absatzes schnell bejaht werden kann.
Demnach wird Folgendes (unzweifelhaft) als Werbung einzustufen sein:
- Newsletter
- Angebote über Waren und Dienstleistungen
- Aufforderungen zum Eintrag in Branchenverzeichnisse
- sog. „Schufa-Warnungen“
- Umfragen zur Meinungsforschung zu bestimmten Produkten oder Dienstleistungen
- Nachfragen unter gleichzeitiger Bereithaltung eigener Angebote
PROBLEMFÄLLE
Aber auch Auto-Reply-Mails und Double-Opt-In-Mails können als Werbung einzustufen sein, wenn diese werbliche Aussagen enthalten, die rechtliche Konsequenz in diesen Fällen: Diese Auto-Reply-Mails und Double-Opt-In-Mails unterliegen in diesen Fällen ebenfalls den strengen Anforderungen für den Versand von Werbe-Mailings.
Zur Erinnerung und Klarstellung: Beim Double-Opt-In-Verfahren wird an die bei der Registrierung für einen Newsletter angegebene E-Mail-Adresse eine Bestätigungs-E-Mail (oftmals auch Einladungs-E-Mail oder Check-Mail genannt) zugesendet. In dieser Bestätigungs-E-Mail wird der Adressat gebeten, seine Einwilligung durch das Anklicken eines Bestätigungslinks zu bestätigen. Klickt der Adressat den Bestätigungslink an, kann damit bewiesen werden, dass tatsächlich der Inhaber der E-Mail- Adresse, die bei der Registrierung angegeben wurde, auch die Einwilligung abgegeben hat.
Bei Auto-Reply-Nachrichten handelt es sich um automatisiert versendet E-Mails, die vorkonfektioniert an den Absender einer E-Mail-Nachricht retourniert werden (oftmals ohne eine Prüfung des Inhalts der die Auto-Reply-Nachricht auslösenden E-Mail.
Wird im Rahmen einer Auto-Reply- oder Double-Opt-in-Nachricht auf Artikelangebote des Händlers, Veranstaltungshinweise, Sonderangebote, etc. verwiesen, wird eine solche Nachricht sehr schnell mit einer Werbung „aufgeladen“.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 15.12.2015, Az.: VI ZR 134/15) ging im Rahmen seiner Entscheidung davon aus, dass der Versand einer „Auto-Reply“-Nachricht als unzumutbare Belästigung einzustufen ist, wenn diese Nachricht werblichen Inhalt aufweist. Konkret ging es im Fall des BGH um die nachstehende Auto-Reply-Nachricht, Welch eine Versicherung als Antwort auf eine Nachricht um Kündigungsbestätigung eines Verbrauchers versandt wurde:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre S. Versicherung
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***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.***“
Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des BGH hatte in der vorbenannten Entscheidung festgehalten, dass eine gegen den erklärten Willen eines Verbrauchers übersandte E-Mail mit werblichem Inhalt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt. Als Konsequenz hieraus ist zu folgern, dass diese vom BGH aufgestellten Grundsätze nicht nur für Auto-Reply-E-Mails Geltung beansprucht, sondern auch und gerade für Double-Opt-In-E-Mails.
IST DAS ALLES NUR GRAUE THEORIE?
Leider nein. Unsere Kanzlei liegt derzeit auch eine aktuelle Abmahnung vor, in welcher ein Online-Händler im Rahmen einer Double-Opt-In Nachricht Internetlinks auf verschiedene Angebotsseiten aufgenommen hatte. Insofern wurde dem Online-Händler der Vorwurf gemacht, dass es sich bei dieser Double-Opt-In Nachricht lediglich um eine Werbenachricht mit einer Bestätigungsmöglichkeit handle. Es besteht daher durchaus aktuelle Abmahngefahr!
WAS IST MIT KUNDENBEWERTUNGSANFRAGEN?
Auch interessant in diesem Zusammenhang sind sogenannte Kundenbewertungsanfragen (Feedback-Anfragen), die rechtliche Bewertung können Sie in diesem informativen Artikel der IT-Recht Kanzlei München nachlesen.
FAZIT
Spätestens nach der oben genannten BGH-Entscheidung sollte für Online-Händler klar sein: Finger weg von Werbung in Auto-Reply-Mails und Double-Opt-In-Mails, es sei denn, der Online-Händler hat zeitlich zuvor eine wirksame Einwilligung zur werblichen Ansprache des betroffenen Kunden eingeholt. Auch in der sonstigen E-Mail-Kommunikation mit den Kunden ist Werbung ohne vorherige Einwilligung fehl am Platze. Es ist daher ratsam, sich vor dem Beginn von Online-Marketing-Maßnahmen professionell beraten zu lassen, gerne stehen wir Ihnen bei der Prüfung Ihrer E-Mail-Kommunikation zur Verfügung!