Die Berliner Beauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat laut ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht ein Krankenhausunternehmen beraten, das beabsichtigt hatte, seinen Patienten Daten über ihre Behandlung via Internet zur Verfügung zu stellen.
SINNVOLLE IDEE
Grundsätzlich ist so ein Patientenportal eine sinnvolle Idee: denn wer sich im Krankenhaus behandeln lässt, möchte in der Regel verstehen, was mit ihm geschieht, wie der Gesundheitszustand einzuschätzen ist und welche Hinweise es für die weitere Entwicklung gibt. Die Ärzte allerdings stehen unter hohem Zeitdruck, weshalb ihre Erklärungen oftmals nicht so tiefgehend oder detailliert ausfallen, wie Betroffene sich das wünschen würden. Auch ist es möglich, dass die erkrankte Person nicht nur selbst in Patientenakte und Befunde hineinschauen möchte, sondern außerhalb des Krankenhauses stehenden medizinischen Fachkräften Einblick geben will – um z. B. unabhängige Einschätzungen oder Ratschläge zu erhalten. Das Zivilrecht gibt den Behandelten ja auch das Recht, nach dem Ende des Krankenhausaufenthalts elektronische Kopien ihrer Patientenakte zu erhalten. Wie es im Tätigkeitsbericht heißt: „Aus Sicht des Krankenhauses lag es daher nahe, das weit verbreitete Instrument des modernen Menschen, sein Smartphone, zu nutzen, um diesen Einblick zu geben. Dies würde es nicht nur ermöglichen, die gewünschten Informationen noch während der stationären Behandlung zu geben, es würde auch ein späteres langes Warten auf das Zusammentragen und Versenden der Daten vermeiden.“
DATENSCHUTZ UND DATENSICHERHEIT
Die Umsetzung ist dabei aber nicht so einfach. Denn auch wenn diese Dienstleistung äußerst nützlich ist, sie darf die Patientendaten keinen unangemessenen Risiken aussetzen. Das gilt sowohl für diejenigen Daten, die abgerufen werden, als auch diejenigen der Patienten, die ein derartiges elektronisches Verfahren nicht wünschen. Die Daten müssen in die richtigen Hände gelangen. Auf dem Weg soll sie niemand abfangen können. Und auch die Abrufmöglichkeit darf nicht die Sicherheit des Computernetzwerks des Krankenhauses schwächen. All diese Gefahren bestehen aber bei einem Abruf von Gesundheitsdaten über das Smartphone oder über ein anderes persönliches Gerät der Betroffenen.
PRAKTIKABLE SICHERHEIT
Der größte Schwachpunkt dieses Unterfangens liegt dabei darin, dass die Patienten dafür ihre eigenen Geräte benutzen sollen. Viele Betroffene verfügen jedoch nicht über die Kenntnisse, um ihren Computer so zu schützen, wie es für ihre sensitiven Gesundheitsdaten eigentlich erforderlich wäre. Damit vertrauen sie sehr sensible Informationen über sich selbst einem Gerät an, dessen Sicherheitsschwächen möglicherweise – wie bei Smartphones älterer Bauart mit dem Betriebssystem Android typisch – allgemein bekannt und ausnutzbar sind. Über diese Risiken müssten die Betroffenen laut der Aufsichtsbehörde zumindest deutlich aufgeklärt werden, damit sie eine bewusste Entscheidung treffen können, ob sie dieses Risiko in Kauf nehmen wollen.
Das Krankenhaus wiederum ist dazu verpflichtet, sicher festzustellen, ob tatsächlich nur die berechtigte Person Daten aus dem Patientenportal abruft. Dies ermöglichen moderne technische Verfahren, die nicht nur auf ein Passwort zurückgreifen sondern auch den Nachweis des Besitzes eines Objekts, das der Person eindeutig zugeordnet ist, verlangen. Solche Objekte können die Form von Schlüsselanhängern haben, die auf jeden Knopfdruck eine neue Ziffernfolge anzeigen, welche nur diejenigen kennen können, die diesen Anhänger in der Hand halten. Auch ein Smartphone kann die Rolle eines solchen Objekts spielen – genau das war der Plan im beschriebenen Projekt. Doch wer dieses Smartphone gleichzeitig auch zum Surfen und für den Zugriff auf das Patientenportal nutzt, der öffnet potenziellen Angreifern Tür und Tor. Das haben erfolgreiche Angriffe auf das Online-Banking in den letzten Jahren mehrmals bewiesen.
STÄNDIGE ÜBERPRÜFUNG
Die berliner Aufsichtsbehörde hat das Unternehmen auch in Bezug auf angemessene technische und organisatorische Maßnahmen beraten. Im kommenden Jahr wird sie nochmals überprüfen, wie die Umsetzung erfolgt ist, und dabei einen besonders gründlichen Blick auf die Computersysteme des Krankenhauses werfen, auf denen die Daten bereitgestellt werden. Ein Angriff auf diese frei im Internet zugänglichen Systeme darf nicht dazu führen, dass Gesundheitsdaten von Patienten offengelegt werden.