Im Blog von Hogan Lovells hatten der führende deutsche Rechtsanwalt für Datenschutz, Tim Wybitul, der neue Landesbeauftragte für den Datenschutz in Baden-Württemberg, Dr. Stefan Brink und Europaparlamentsmitglied Jan Philipp Albrecht die Gelegenheit sich zum finalen Gesetzesentwurf zu äußern.
WAS HALTEN SIE VON DEM ENTWURF?
Dr. Stefan Brink sieht eine Gefahr darin, dass „gemeinsame europäische Standards unterlaufen, Betroffenenrechte eingeschränkt und nationale Sonderwege wie im Bereich der Videoüberwachung beschritten werden.“ Tim Wybitul sieht die Hauptproblematik eher in der Komplexität der Regeln, die seiner Meinung nach selbst Experten kaum verstünden – „Außerdem ist der Entwurf an vielen Stellen unpräzise. Das führt zu Auslegungsproblemen – und die führen zu Rechtsstreitigkeiten und damit Kosten.“
Für Jan Philipp Albrecht steht fest, dass der Entwurf dazu führen kann, die mit der EU-DSGVO erzielten Fortschritte wieder zunichte zu machen: „Durch die abweichenden Bestimmungen drohen erneut Rechtsunsicherheit und Marktfragmentierung. Die Einschränkung von Verbraucherrechten zu Gunsten gewisser Geschäftsmodelle ist schlicht EU-rechtswidrig.“
HILFT DER ENTWURF UNTERNEHMEN ODER VERBRAUCHERN?
Tim Wybtil sieht hierbei keine Gewinner. Jan Albrecht sieht das ähnlich: „Der Entwurf dient vor allem der Bundesregierung, die zeigen will, dass sie eigene Akzente beim Datenschutz setzt, nachdem ihr dies im Rahmen der EU-Datenschutzreform nicht gelungen ist. Als EU-weites Vorbild würde eine solche Haltung allerdings sofort andere Mitgliedstaaten ermutigen, ebenfalls vom europäischen Konsens abzuweichen. Das wäre vor allem für Unternehmen und Verbraucher in Deutschland katastrophal.“ Auch Dr. Brink stimmt zu: „Vordergründig versucht der Entwurf, die Unternehmen durch eine Beschränkung der Rechte von Verbrauchern und Beschäftigten zu entlasten. Dies wird aber im europäischen Konzert nicht funktionieren, hier zählen gemeinsame Positionen mehr als nationale Alleingänge.“
WAS SIND DENN DIE ALTERNATIVEN?
Laut Wybitul gibt es diese durchaus. Seiner Einschätzung nach wäre es beispielsweise sinnvoll „wenn sich ein deutsches Ausführungsgesetz auf die wesentlichen Regelungen beschränkt, etwa zur Zuständigkeit der Datenschutzbehörden, zum Beschäftigtendatenschutz oder zur Bestellung und zum Kündigungsschutz von Datenschutzbeauftragten. Das würde zusätzliche Transparenz schaffen und die Umsetzung des neuen EU-Datenschutzrechts erleichtern.“ Auch Dr. Brink kann dies bestätigen: „Was nicht dringend und unstreitig geregelt werden muss – etwa der Erhalt der bewährten Institution des betrieblichen Datenschutzbeauftragten – muss dringend ungeregelt bleiben. Die Grundverordnung ist eine gute Arbeitsgrundlage, die wir gemeinsam auf europäischer Ebene fortentwickeln sollten.(…)Die Bundesregierung täte gut daran, die noch offenen Fragen des neuen Datenschutzrechts jetzt nicht voreilig durch nationale Alleingänge zu füllen, sondern sich stattdessen gestaltend auf EU-Ebene einzubringen.“
Das vollständige Interview lesen Sie auf den Seiten von Hogan Lovells.