Die Netzwelt wundert sich: Hat Mesut Özil ein Doppelleben als Hacker geführt und sich deshalb weniger auf den Sport konzentrieren können? Daniel Kaye, ein 30-jähriger Brite, der dem Ersatzbankstar von Arsenal verblüffend ähnlich sieht und das Hackerhandwerk autodidaktisch erlernt hat, wurde am Freitag in London zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, weil er 2016 mal eben ein ganzes Land vom Netz genommen hat. Okay, wir sprechen hier zwar von Liberia und das hat nur eine einzige Glasfaserleitung und rangiert auf Platz 162, was die Internetnutzung weltweit angeht, aber der Staat an der afrikanischen Westküste hat immerhin über vier Millionen Einwohner, von denen zugegebenermaßen nur etwa ein Zehntel über einen Internetanschluss verfügt.
Ein gewisser Don kommentiert unter dem CNN-Artikel über die Verurteilung des Hackers dem gängigen Motiv folgend: „This guy is good, he should be given a job instead of being sent to jail.“ Dafür gibt’s fast 200 Likes und Love-Likes… Rajnish kontert: „Like give a job to a murderer in a butcher shop?”
Ein leitender Angestellter des Telekommunikationsunternehmens CellCom hatte Kaye 2015 tatsächlich einen Job gegeben – zwar nicht ganz legal und über keins der lokalen Jobcentres, sondern übers Darknet, aber immerhin ein Job! Der bestand darin, das Konkurrenzunternehmen Lonestar Cell lahmzulegen – bei CellCom will natürlich keiner was davon gewusst haben… Im Oktober 2015 begann Kaye mithilfe mehrerer kompromittierter PCs, die weitere Rechner und vor allem IoT-Geräte (Internet of Things/ Internet der Dinge, z.B. unzureichend gesicherte Router, Webcams usw.) infizierten, ein Botnetz aufzubauen. Vor allem billige chinesische Dahua-Webcams, die weltweit zur Überwachung von Häusern und Unternehmen eingesetzt werden, wurden infiziert. Kaye hatte herausgefunden, dass die Geräte massive Sicherheitslücken aufwiesen – und das machte er sich zu Nutze. Ohne dass die Eigentümer der Geräte etwas davon mitbekamen, baute sich Kaye also eine digitale „Zombie“-Armee auf, die an die Star-Wars-Klonkrieger erinnert. Anfang November 2016 war es dann soweit: Die DDoS-Attacken (Distributed Denial of Service) überlasteten die Netze von Lonestar und brachten die Server zeitweilig zum Absturz. 600.000 Dollar musste das Unternehmen in Abhilfemaßnahmen investieren. Der Schaden für Lonestar ist mit Verlusten in zweistelliger Millionenhöhe aber ungleich größer, weil zahlreiche Kunden zur Konkurrenz abgewandert sind und der Ruf des Unternehmens nachhaltig beschädigt wurde.
NICHT NUR LIBERIA WAR BETROFFEN
Ende November 2016 traf Kayes Cyberattacke versehentlich auch die Deutsche Telekom. Über eine Million Kunden, unter anderem die Kölner Stadtentwässerungsbetriebe, waren am 27. November 2016 von dem Angriff auf DSL-Router betroffen. Wieder war eine Sicherheitslücke schuld. Im Februar 2017 wurde der Hacker, der sich im Netz meistens „Peter Parker“ oder „Spiderman“ nannte und sich während seiner Aktionen überwiegend in Zypern aufgehalten hatte, schließlich an einem Londoner Flughafen festgenommen und wenig später an Deutschland ausgeliefert. Im Juli 2017 erfolgte in Köln eine Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe von nicht einmal zwei Jahren. Im September ging’s zurück nach Großbritannien, wo der damals noch 29-Jährige mit weiteren Vorwürfen konfrontiert wurde. Auch die beiden weltweit agierenden Finanzunternehmen Lloyds Banking Group und Barclays soll er angegriffen und anschließend erpresst haben. Diese Vorwürfe hat die Staatsanwaltschaft mittlerweile fallengelassen. Als Motiv nannte Kaye stets Geldsorgen. Der Arme! Er soll laut BBC nach seiner Verurteilung am vergangenen Freitag sogar geweint haben.
Hacker-for-hire, also „Miethacker“ handeln nicht aus reinem Spaß an der Freude, sondern im Auftrag und gegen Geld. Sie stellen Interessenten ihre illegalen Dienste überwiegend im Darknet zur Verfügung. Es gibt natürlich auch Leute, die ihre Fähigkeiten ganz legal als Penetrationstester anbieten. Voll die schöne Berufsbezeichnung! „Guten Tag, mein Name ist Müller, ich bin BSI-zertifizierter Penetrationstester!“
Daniel Kaye erhielt von seinem Auftraggeber 10.000 Dollar, mit denen er seine Hochzeit finanzieren wollte. Als er 2017 in London festgenommen wurde, erhärtete eine größere Geldsumme in seinem Koffer auch den Verdacht, dass er der Mirai#14-Hacker sein könnte.
INTERNET DER DINGE ALS MASSIVES SICHERHEITSRISIKO
Das von Kaye aufgebaute Botnetz bestand irgendwann aus etwa einer Million Geräten, wobei vor allem günstige Dahua-Webcams in die „Zombie“-Armee integriert worden waren, weil der Brite bei ihnen eine besonders große Sicherheitslücke festgestellt hatte. Das Internet der Dinge spielt eine immer größere Rolle in unserem Alltag. Je smarter unsere Haushalte werden, desto mehr Angriffsmöglichkeiten gibt es. Nun stellt sich natürlich die Frage: Ist es möglich, dass unsere intelligente Glühbirne irgendwann mal Teil einer von einem Hacker kontrollierten Zombie-Armee wird? Die Antwort lautet: JA! Und das ist auch schon passiert – zum Glück unter kontrollierten Bedingungen. Israelischen und kanadischen Forschern ist 2016 mithilfe einer Drohne ein Philips-Hue-Hack gelungen. Diese Sicherheitslücke haben die Penetrationstester Philips natürlich brav gemeldet, so dass sie behoben werden konnte.
Wer nicht will, dass die eigenen Glühbirnen oder das Garagentor ohne Einverständnis zu den Klonkriegern überlaufen und für das Imperium kämpfen, sollte auf ein allzu smartes Home verzichten, solange das Sicherheitslevel in diesem Bereich Limbokönig ist. Es ist übrigens möglich, eine Glühbirne mithilfe eines in die Wand integrierten Schalters an- und auszuschalten – auch wenn das verdammt unbequem erscheint!