Die IT-Recht Kanzlei München hat sich mit dem Thema befasst, welche Änderungen die EU-Datenschutzgrundverordnung für den Online-Handel mit sich bringen wird. Dabei hat Phil Salewski sich in unserem Gastbeitrag auch darauf konzentriert, was bei der datenschutzrechtlichen Einwilligung in Zukunft zu beachten ist.
AUSDRÜCKLICHKEITS- UND BESTIMMTHEITSERFORDERNIS
Laut Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO ist, ähnlich der derzeitigen Kodifizierung in § 4a BDSG, zwingend darauf zu achten, dass die Einwilligung des Nutzers auf dessen autonomer und ausdrücklich selbstbestimmter Entscheidung zur Preisgabe der relevanten Daten beruht. Sie ist insofern streng zweckgebunden einzuholen und muss, wie sich aus dem Umkehrschluss der Formulierung „Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben“ ergibt, stets die mit der Einwilligung zu rechtfertigenden Verarbeitungszwecke anführen.
Ebenso wie im geltenden deutschen Recht entfällt damit die Möglichkeit einer Generaleinwilligung in eine unbeschränkte Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten. Auch der europäische Gesetzgeber sieht die Möglichkeit einer elektronischen Einwilligung (derzeit geregelt in § 13 Abs. 2 TMG) vor, regelt deren Anforderungen aber nicht spezifisch, sondern ordnet sie ausweislich des Erwägungsgrundes 32 als einen Unterfall der „schriftlichen Erklärung“ ein.
Wird die Einwilligungserklärung – wie im Online-Handel üblich – elektronisch eingeholt, so soll dies nach Erwägungsgrund 32 beispielsweise durch das aktive Anklicken eines Kontrollkästchens möglich sein.
Erstmalig normiert wird im unmittelbaren Zusammenhang auch die – in Deutschland vor allem durch die Rechtsprechung geprägte – Kasuistik der vorangekreuzten Einwilligungsfelder. Nach Erwägungsgrund 32 sollen Stillschweigen, bereits angekreuzte Kästchen oder Untätigkeit der betroffenen Person keine wirksame Einwilligung darstellen.
BEWEISBARKEITS- UND TRANSPARENZGEBOT
Aus Art. 7 DSGVO, welcher die Anforderungen an die rechtfertigende datenschutzrechtliche Einwilligung konkretisiert, geht hervor, dass eine eingeholte Einwilligung zwingend zu dokumentieren und zu speichern ist. Online-Händler haben insofern durch informationstechnologische Systeme sicherzustellen, dass sie eine erteilte Nutzereinwilligung im Zweifel beweisen können.
Weil die elektronische Einwilligungserklärung als Form der schriftlichen gewertet wird, ist für ihr Wirksamwerden das neue spezialgesetzlich normierte Transparenzgebot des Art. 7 Abs. 2 DSGVO zu beachten. Danach muss die Einwilligung in klarer und verständlicher Sprache erfolgen und insbesondere dann, wenn der Einwilligungstext noch andere Sachverhalte betrifft, die datenschutzrechtliche Relevanz gesondert hervorheben.
FREIWILLIGKEIT
Ist die Einwilligung nur rechtfertigend, wenn sie Ausdruck einer selbstbestimmten und ungezwungenen Entscheidung ist, so muss sie zwingend freiwillig erteilt werden (Erwägungsgrund 32). Jegliche forcierenden Handlungen des Verarbeitenden sowie die Ausübung von Druck lassen ihre Wirksamkeit entfallen.
In diesem Zusammenhang neu ist die Regelung des Art. 7 Abs. 4 DSGVO, welche die Freiwilligkeit auch davon abhängig macht, ob die Einwilligung in Datenverarbeitungsprozesse als zwingende Bedingung für die Durchführung eines Vertrages formuliert ist, obwohl der Verarbeiter die Daten dafür eigentlich nicht benötigt.
Anzunehmen ist insofern, dass die Freiwilligkeit und mithin die Wirksamkeit der Einwilligung fortan entfallen soll, wenn an ihre Erteilung das „Ob“ der Durchführung eines Kausalgeschäfts gekoppelt wird, das mit der konkreten Datennutzung oder dem Umfang der erhobenen Daten in keinem sachlichen Zusammenhang steht.
Auswirkungen ergeben sich hier vor allem für Online-Gewinnspiele, bei denen eine Teilnahme nicht selten von der Einwilligung des Nutzers in die Verarbeitung von Daten zu Werbezwecken abhängig gemacht wird, die für die konkrete Gewinnaktion nicht zwangsweise erforderlich sind. Ebenso wird die Zulässigkeit des Erfordernisses einer Newsletter-Anmeldung zur möglichen Inanspruchnahme eines Gewinns in Zukunft vor neue Hürden gestellt werden.
WIDERRUFLICHKEIT
Wie im deutschen Datenschutzrecht muss auch nach der DSGVO der Betroffene eine einmal erteilte Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen können, Art. 7 Abs. 3.
Neu ist hierbei allerdings die Pflicht des Verarbeiters zur Einhaltung eines Simplizitätsgebots: der Widerruf der Einwilligung muss in Zukunft genau so einfach sein wie ihre Erteilung.
Dies erscheint insbesondere im Falle elektronisch eingeholter Einwilligungen durch die schlichte Betätigung einer Checkbox problematisch, weil es – ohne registriertes Kundenkonto – meist an der Möglichkeit fehlen wird, das Checkbox-Häkchen nachträglich wieder zu entfernen. Zwar wird ausdrücklich nicht gefordert, dass das Widerrufsverfahren demjenigen der Erteilung 1:1 entspricht. Fraglich bleibt aber dennoch, ob ein Widerruf per Mail oder Telefonanruf in seiner Unkompliziertheit dem bloßen Setzen eines Häkchens nebst einer Einwilligungserklärung wird entsprechend können.
Immerhin für die wegen ihrer Marketingwirksamkeit besonders bedeutsamen Fälle der Newsletter-Werbung wird auch dem neuen Simplizitätsgebot wohl hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass jeder Mail am Ende ein eigener „Unsubscribe-Link“ beigestellt wird, dessen bloße Betätigung der Datenverarbeitung Einhalt gebietet.
WICHTIG – FORTGELTUNG FÜR VOR 2018 EINGEHOLTE EINWILLIGUNGEN
Weil mit Auslaufen der Übergangsfristen zum 25.08.2016 die besonderen Einwilligungsbestimmungen der DSGVO an die Stelle der bis dato geltenden nationalen Vorschriften treten werden, war fraglich, wie die bis zu diesem Zeitpunkt unter Geltung der alten Rechtslage in den Mitgliedsstaaten wirksam eingeholten Einwilligungen umgegangen werden sollte.
Zugunsten der Verarbeiter hat sich der europäische Gesetzgeber hier für eine Fortgeltung der bereits eingeholten datenschutzrechtlichen Einwilligungen entschieden.
Nach Erwägungsgrund 171 bleiben insofern auf Grundlage des geltenden BDSG und TMG wirksam eingeholte Einwilligungen in Verarbeitungsprozesse auch unter Geltung der neuen DSGVO bestehen, sofern die Art der erteilten Einwilligung auch den Bedingungen der DSGVO entspricht. Da die maßgeblichen Einwilligungserfordernisse nach geltendem und neuem Recht in Deutschland sich weitgehend überschneiden, entfällt im Online-Handel in der Regel die Notwendigkeit, zum 25.05.2018 von jedem Nutzer, dessen Daten bereits mit Einwilligung verarbeitet werden, eine solche erneut einzuholen.
NEU – BESONDERE ERFORDERNISSE FÜR DIE EINWILLIGUNG MINDERJÄHRIGER
Eine neuartige Ausprägung hat die datenschutzrechtliche Einwilligungsdogmatik in der Normierung spezieller Wirksamkeitsanforderungen für die datenschutzrechtliche Verarbeitungserlaubnis Minderjähriger erhalten, welche die Tragweite und Reichweite von erteilten Rechtfertigungen weniger sicher und umfassend abzuschätzen wissen als Erwachsene. Während nach geltendem deutschen Recht die Wirksamkeit von Einwilligungen Minderjähriger individuell nach deren geistiger Reife und konkreter Einsichtsfähigkeit bemessen wird, wird es nach Art. 8 DSGVO zukünftig starre Altersgrenzen geben.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 DSGVO wird die Einwilligung eines Minderjährigen in die Verarbeitung von diesen betreffenden personenbezogenen Daten in Kommunikationsmedien grundsätzlich nur wirksam, wenn dieser das 16. Lebensjahr vollendet hat. Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sollen demgegenüber autonom keine wirksamen Erlaubnisse erteilen können. Vielmehr bedarf es für die rechtmäßige Nutzung der Daten von unter 16-Jährigen in Zukunft der ausdrücklichen Genehmigung des gesetzlichen Vertreters.
Die maßgebliche Altersgrenze bei 16 Jahren ist allerdings nur ein Richtwert, von welchem die Mitgliedsstaaten gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 2 DSGVO abweichen dürfen. Dabei darf in Anbetracht der Wirksamkeit von Minderjährigeneinwilligungen allerdings nicht die absolute Untergrenze von 13 Lebensjahren unterschritten werden.
Inwiefern der deutsche Gesetzgeber bei der nationalen Ausgestaltung der speziellen Anforderungen an der vorgegebenen Altersgrenze von 16 Jahren festhalten oder diese über- oder unterbieten wird, kann bisher noch nicht gesagt werden.
Fest steht aber jetzt schon, dass Online-Händler künftig geeignete Altersverifikationssysteme in ihre elektronischen Einwilligungsprozesse werden integrieren müssen, um sich nicht der Gefahr unrechtmäßiger Datenverarbeitungen auszusetzen und mithin die Wirksamkeit aller eingeholten Einwilligungen garantieren zu können. Gleichsam wird die Einrichtung neuer informationstechnologische Mechanismen erforderlich werden, mit denen ein gesetzlicher Vertreter als solcher identifiziert und zur Abgabe einer eigenständigen Einwilligung für den Schutzbefohlenen veranlasst werden kann. Dies gilt insbesondere deshalb, weil Art. 8 Abs. 2 DSGVO den Verantwortlichen abverlangt, „angemessene Anstrengungen zu unternehmen“, um die Einhaltung der altersgerechten Differenzierung zu gewährleisten und im Zweifel die Einschaltung der elterlichen Vertreter sicherzustellen.