Das Entgelttransparenzgesetz ist in Deutschland längst kein Randthema mehr – und gewinnt durch die EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz deutlich an Bedeutung. Für Unternehmen heißt das: Transparenz bei Entgelten wird nicht nur moralisch erwartet, sondern zunehmend rechtlich relevant.
Was regelt das Entgelttransparenzgesetz?
Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen trat bereits 2017 in Kraft. Zentrale Bausteine sind:
- Auskunftsrecht von Beschäftigten: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitenden können Auskunft über die Kriterien erhalten, nach denen sich ihre Bezahlung mit der von Vergleichsgruppen zusammensetzt.
- Prüfverfahren im Betrieb: Größere Unternehmen können aufgefordert werden, ihre Entgeltstrukturen regelmäßig zu überwachen, um Ungleichheiten aufzudecken.
- Berichtspflicht: Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten müssen über Gleichstellung und Entgeltgleichheit berichten.
Warum ist das Gesetz noch nicht so wirksam wie gedacht?
Trotz der guten Absichten zeigen Studien und Bewertungen, dass das Gesetz zurzeit begrenzt wirkt:
- Der Anspruch auf Auskunft wird nur von wenigen Beschäftigten genutzt.
- Nur wenige Unternehmen führen regelmäßige Vergütungsanalysen durch.
- Die gesetzlichen Instrumente reichen bislang offenbar nicht aus, um systemische Ungerechtigkeiten umfassend zu beseitigen.
Perspektive: EU-Entgelttransparenzrichtlinie
Mit der neuen EU-Richtlinie (EU 2023/970) soll das Entgelttransparenzgesetz verschärft werden.
Wichtige Punkte der Richtlinie:
- Gehaltsbereiche sollen offener kommuniziert werden, z. B. in Stellenanzeigen.
- Auskunftsansprüche werden auf mehr Beschäftigte ausgeweitet.
- Bei ungerechtfertigten Lohndifferenzen über 5 % muss eine Entgeltbewertung gemeinsam mit dem Betriebsrat erfolgen.
- Die Richtlinie muss in Deutschland bis spätestens Juni 2026 umgesetzt werden.
Was bedeutet das für Unternehmen?
- Vorausschauende Vorbereitung: Arbeitgeber sollten jetzt prüfen, wie transparent ihre Entgeltstrukturen sind, und Schwachstellen identifizieren.
- Interne Analysen: Schon heute kann es sinnvoll sein, Vergütungsbänder und Gehaltsfindungskriterien zu dokumentieren und zu standardisieren.
- Beteiligung der Mitarbeitenden: Betriebsräte oder Personalvertretungen sollten frühzeitig in den Prozess eingebunden werden, besonders bei geplanten Entgeltbewertungen.
- Kommunikation: Arbeitgeber können mit klaren Gehaltsrahmen in Stellenanzeigen und internen Richtlinien Vertrauen schaffen und Attraktivität erhöhen.
Entgelttransparenzrichtlinie und Datenschutz: Was ist erlaubt – was nicht?
Mit der Entgelttransparenzrichtlinie steigt auch die datenschutzrechtliche Verantwortung. Wichtig ist: Gehaltsdaten sind personenbezogene Daten und müssen entsprechend geschützt werden.
Was ist erlaubt?
- Aggregierte oder anonymisierte Angaben (z. B. Durchschnittsgehälter), sofern keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen möglich sind.
- Auskunft gemäß gesetzlicher Vorgaben, also Informationen zu Kriterien, Entgeltstrukturen und Vergleichsgruppen.
- Interne Analysen oder Equal-Pay-Prüfungen, wenn sie zweckgebunden und DSGVO-konform erfolgen.
- Weitergabe notwendiger Informationen an den Betriebsrat, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist.
Was ist nicht erlaubt?
- Offenlegung individueller Gehälter gegenüber anderen Beschäftigten.
- Veröffentlichung von Daten, die einzelne Mitarbeitende identifizierbar machen.
- Verarbeitung von Gehaltsdaten für andere Zwecke, die nicht klar legitimiert sind.
- Weitergabe an externe Dienstleister ohne AV-Vertrag.
Fazit
Das Entgelttransparenzgesetz ist mehr als ein Gleichstellungsinstrument – es wird durch die EU-Richtlinie zu einem zentralen Baustein moderner HR- und Vergütungspolitik. Für Unternehmen bietet sich jetzt die Chance, nicht nur gesetzeskonform zu handeln, sondern fairer, transparenter und wettbewerbsfähiger zu werden.
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Senior Consultant
zert. Datenschutzbeauftragter
zert. IT-Sicherheitsbeauftragter
“Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!„