Es gibt Nutzergruppen, die in puncto Datenschutz über eine etwas größere Kompetenz als der ganze Rest verfügen sollten. Alle, die beruflich mit personenbezogenen Daten zu tun haben zum Beispiel. Und dann gibt es ja noch den privaten Bereich, in dem viele nach der Maxime „Ich hab nix zu verbergen!“ leben. Doch eine ganze Menge User haben eben doch etwas zu verbergen. Dem Besuch von Pornoseiten haftet nach wie vor ein schmuddeliger Ruf an. In puncto Peinlichkeit kickt das Ganze in etwa in der gleichen Liga wie Hämorrhoiden. Gleichzeitig gilt: Viele haben’s, beziehungsweise gucken gern, aber kaum jemand spricht darüber. Der Verkauf von Salben und der durchschlagende Erfolg von Pornoseiten legen allerdings Zeugnis von der weiten Verbreitung der beiden Phänomene ab. Wie peinlich wäre es bitte, wenn die Chefin wüsste, dass ihr Mitarbeiter Filmchen guckt, in denen animierte Mangamädchen Dinge tun, die in der Realität allein schon aus anatomischen Gründen nie im Leben möglich wären? Und genau das, was viele Nutzer von Pornoseiten fürchten, ist jetzt bei Luscious (engl. üppig) entdeckt worden: ein Datenleck. Die Sicherheitsforscher Noam Rotem und Ran Locar von vpnMentor haben die Lücke gemeinsam mit ihrem Team am 15. August festgestellt und am Folgetag dem Seitenbetreiber gemeldet. Dieser hat das Problem dann nicht umgehend, sondern erst drei Tage später gelöst. Wie lange die Sicherheitslücke bestand, ist unklar. Zu knapp 1,2 Millionen Accounts konnten sich die Sicherheitsforscher Zugang verschaffen. Da gewinnt der IT-Begriff Penetrationstest doch gleich eine Bedeutungserweiterung…
50.000 DEUTSCHE UNTER DEN OPFERN
Für Hacker war die Luscious-Lücke natürlich ein gefundenes Fressen: Usernamen, persönliche Emailadressen (oft mit Klarnamen), Standortdaten, Likes und Kommentare, Videouploads, Blogposts, Herkunftsland und Geschlecht sowie Zeitpunkt des Beitritts zur Pornoplattform und letzter Login konnten eingesehen werden. Besonders heikel: Viele Nutzer, u.a. aus Brasilien, Australien, Italien und Malaysia, verwendeten offizielle Regierungsmailadressen (.gov und .edu), um sich bei Luscious zu registrieren. Nur etwa 20% der registrierten Nutzer haben vpnMentor zufolge Fake-Mailadressen für die Registrierung genutzt, um ihre Anonymität zu wahren.
Die Folgen einer derartigen Sicherheitslücke können verheerend sein. Erpressermails mit Unterstellungen, Pornoseiten genutzt zu haben, sind ein Klassiker – in diesem Fall könnten Kriminelle allerdings tatsächlich mit der Veröffentlichung sensibler Daten drohen. Legal wäre das natürlich nicht, aber das ist Kriminellen bekanntlich egal. Auch Phishing und Identitätsdiebstahl wären möglich. Für Konkurrenzseiten wäre das Paket natürlich auch ein wahrer Datenschatz.
Der Betreiber hätte die Sicherheitslücke verhindern können. Zum Beispiel durch abgesicherte Server, die Implementierung von strengen Zugriffsregeln (ACL – Access Control List) und eine Authentifizierung.
WAS KANN DER USER TUN?
Wer gerne turnende Mangamädchen guckt und bei Luscious registriert ist, sollte vpnMentor zufolge aktiv werden. Eine Änderung der Luscious-Kontodaten wird empfohlen, insbesondere der Nutzername und die verwendete Mailadresse. Wer „Erwachsenenseiten“ nutzt, sollte zudem stets einen Nutzernamen verwenden, der nicht auf die Identität des Nutzers schließen lässt. Also lieber „PilloryMan“ als „JensMüller“. Auch anonymisierte Mailadressen sollten für solche Angebote genutzt werden. Standortdaten sollten ebenfalls verschleiert werden, was zum Beispiel mit Hilfe von VPN möglich ist. Auf alle Fälle wäre eine gewisse Grundkompetenz in Sachen Datenschutz und Datensicherheit angebracht, die man relativ schnell erwerben kann – dann aber auch zum Einsatz bringen sollte.
Safer Sex ist also nicht nur im Reallife angesagt, sondern auch und vor allem im Netz. Denn hier kann man auch Pech haben, wenn der Anbieter eines Onlinedienstes seiner Verantwortung nicht gerecht wird.