Künstliche Intelligenzen gelten als ausgesprochen intelligent – daher auch der Name. In den vergangenen Wochen wurde allerdings öffentlich, dass zum Beispiel Alexa noch ganz schön viel menschliche Nachhilfe braucht. Die KI von Amazon ist offenbar nicht die hellste Kerze auf dem Osterzopf. Sie kann zwar gut zuhören, auch einiges machen, aber vieles rafft sie einfach noch nicht. In der Schule wäre sie eine klassische Sitzenbleiberin. Damit Amazonkunden aber ein optimales „Kundenerlebnis“ (was auch immer dieses Wort in Amazonsprech auch bedeuten mag) haben, kommt auf alle Fälle noch eine ganze Menge menschliche Intelligenz zum Einsatz, oder besser gesagt: menschliche Fleißarbeit. Wie im Stasi-Streifen „Das Leben der Anderen“ hocken Amazonmitarbeiter mit Kopfhörern in Kundencentern und werten aus, was Lieschen Müller und Otto Normal sich so zu sagen haben, ob gerade das Baby brüllt oder jemand um Hilfe schreit. Sollte letzteres der Fall sein, darf übrigens nicht eingegriffen werden, denn das ist verdammt nochmal nicht der Job von Amazon. Der besteht schließlich darin, für „verbesserte Kundenerlebnisse“ zu sorgen. Zwei Mitarbeiter sollen zum Beispiel einen sexuellen Übergriff belauscht haben – selbstverständlich ohne einzugreifen, denn Privatkram geht das Unternehmen der eigenen Auffassung zufolge ja nix an, außer es hat was mit Konsum zu tun. Alexa könnte nicht einmal auf Wunsch die Polizei anrufen, weil sie schlichtweg weder Zugriff auf das Festnetz noch auf das Mobilfunknetz hat. Nutzer von Alexa, die also im heimischen Wohnzimmer Opfer eines Verbrechens werden, haben unter Umständen also nicht nur das Pech, im eigenen Wohnzimmer Opfer eines Verbrechens zu werden, sondern dabei auch noch Zuhörer zu haben, denen das vollkommen egal sein muss. Gehört das eigentlich auch zum „verbesserten Kundenerlebnis“, das Amazon verspricht?
Aber wer will schon auf die charmante Sprachassistentin verzichten, bei der gratis so nützliche Alexa Skills verfügbar sind, etwa „Gute Nacht“ (sagt „Gute Nacht!“, „Träum süß!“ ect., wenn man „Gute Nacht!“ sagt), „Magisches Lagerfeuer“ (Lagerfeuergeräusche, die „Körper und Seele entspannen“), „Eierkocher“ (berät in puncto Eierkochen – inklusive Eieruhr!) oder „Katzendolmetscher“ (Katzenkommunikation).
ALEXA HÖRT IMMER MIT
Da Alexa auf ein Aktivierungswort („Alexa“, „Echo“, „Amazon“ oder „Computer“) reagiert, muss sie logischerweise ständig mithören. Laut Amazon werden während des passiven Mithörens aber keine aktiven Aufzeichnungen gemacht. Dass Amazonmitarbeiter massenhaft Aufnahmen auswerten, die nicht absichtlich von Nutzern gestartet wurden, hat vermutlich den Grund, dass Alexa nicht nur nicht die Hellste ist, sondern auch noch Probleme mit dem Verstehen des Aktivierungswortes hat. Fällt ein Wort, das auch nur annährend wie „Alexa“ klingt, hört sie mit. Das funktioniert u.a. mit allen möglichen „xa“-Lauten, etwa mit dem fränkischen Satz „Hatta gsacht“ (youtube-Video „Alexa versteht fränkischen Dialekt“), aber auch ein rasselnder Husten kann zur Aktivierung führen.
Wem die Vorstellung, dass Fremde Gespräche aus dem privatesten Rückzugsgebiet mithören unangenehm ist, sollte das Mikrofon ausschalten oder die Sprachsteuerung per Knopf nutzen. Und wer sich ganz unwohl damit fühlt, kann auch einfach den Stecker ziehen und gänzlich auf Alexa verzichten. Ein alter Toaster ist mindestens ein genauso guter Zuhörer und kann auch noch prima Brot rösten!
DRAMA, BABY, DRAMA!
Ein Kuckucksei der ganz anderen Art wird derzeit verstärkt Gastronomen ins Nest gelegt. Der Trojaner Emotet wird aktuell im Rahmen einer groß angelegten Dynamit-Phishing-Kampagne verbreitet. Restaurantbesitzer bekommen verstärkt Mails, in denen von einer Lebensmittelvergiftung eines Gastes die Rede ist. Um das Ganze noch dramatischer zu gestalten, gibt’s noch ein Foto von einer Frau mit böse verschwollenem Gesicht dazu. Der Arztbericht zum Vorfall kann dann in einer angehängten .doc-Datei eingesehen werden. Und dieser Anhang hat’s natürlich in sich… Vor allem Gastronomen sollten also erstmal Ruhe bewahren und auf keinen Fall Anhänge öffnen. Betroffen sind aber auch andere Gewerbebetriebe, etwa Apotheken und Autohändler. Klar, falsche Medikamente und kaputte Autos können mindestens ebenso unschöne Konsequenzen wie verdorbene Lebensmittel haben.
Wer aber weiß, wie der (Oster)Hase läuft und welche Kuckuckseier er mitunter in der Kiepe hat, kann nun entspannt in die Feiertage starten.