Es ist ja so: Technologie, die für uns etwas völlig Alltägliches ist, hätte Menschen noch vor 100 Jahren verrückt werden lassen. Der Physiker Arthur C. Clarke prägte die drei nach ihm benannten Clark’schen Gesetze. Das dritte ist das bekannteste und lautet: „Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“ Das war bereits 1962 und Clarke hat seine größten Erfolge nicht als Physiker gefeiert, sondern als Science-Fiction-Autor. Magie ist etwas Erhabenes – wer zaubern kann, braucht nichts zu befürchten, weil er ja zaubern kann. In dieser Überzeugung leben wir derzeit.
Wenn es nun aber mehrere Zauberer gibt und einige von denen nichts Nettes im Schilde führen, haben wir ein Problem. Seit Sommer 2020 ist die (vermutlich russische) Hackergruppe DarkSide aktiv. Oder besser: War aktiv. Mittlerweile sind sie alle tot und Joe Biden soll ihre Skalps zur Abschreckung am Zaun rund um das Weiße Haus drapiert haben… Okay, der letzte Satz war gelogen, aber ich gehe stark davon aus, dass einige Leute, die unlängst Opfer der Hackergruppe geworden sind, ähnlich geartete Fantasien gehabt haben dürften. Die Chemiefirma Brenntag zum Beispiel, die nach einem Angriff zähneknirschend einräumen mussten: „Brenntag wurde in Nordamerika mit einem Fall von eingeschränkter Informationssicherheit konfrontiert.“ Eine nette Umschreibung. Ein bisschen so, wie wenn ich mit zertrümmertem Bein sagen würde: „Ich sehe mich mit einem Fall von eingeschränkter Beweglichkeit konfrontiert.“
Fakt ist: DarkSide hat sich erstmal aus dem Business zurückgezogen. Aber sie sind sicher nicht für immer in der Versenkung verschwunden. Ihr größter Coup war wohl das Lahmlegen der Colonial Pipeline, die den Osten der USA mit Mineralöl versorgt. Wer in der Bundeshauptstadt Washington D.C. tanken wollte, hatte noch in der letzten Woche meistens Pech. 88% der Tankstellen hatten kein Benzin mehr im Angebot. Und dort, wo noch getankt werden konnte, explodierten die Preise. DarkSide, die sich selbst wohl als eine Art Robin Hood mit Gewinnerzielungsabsicht gerierten, hatten sich zu einem Ehrenkodex verpflichtet, in dem sie sich davon distanzierten Krankenhäuser und andere Teile der kritischen Infrastruktur sowie Institutionen innerhalb der GUS anzugreifen und angaben, ausschließlich schwerreiche Unternehmen schädigen zu wollen. Nach dem Colonial-Coup veröffentlichten sie das Statement: „Unser Ziel ist, Geld zu machen und nicht, der Gesellschaft Probleme zu bereiten.“ Wie nett, wie edel! (mehr …)